Wir wollten ein Abenteuer und auf dem Weg nach Patna fanden wir es. Dabei begann unser Tag am Morgen so entspannt, wenn auch früh. Um 5:30 Uhr machten wir uns in Varanasi auf den Weg zum Ganges. Dort wollten wir zum Sonnenaufgang mit einem kleinen Boot die verschiedenen Ghats sehen. Ein Ghat ist eine stufenförmige Uferbefestigung, die jeweils einer anderen indische Gottheit geweiht ist. Über diese gelangen die Gläubigen zum Ganges, dem heiligen Wasser, um darin zu baden und zu beten. Die Ruhe auf dem Fluss ist ein angenehmer Kontrast zu den lauten und vollgestopften Straßen der Stadt. Aus der Ferne hörten wir den Gebetsgesang einer Zeremonie. Wie wir von unserem fast nur Indisch sprechenden Guide erfuhren, werden am Ufer gläubige Verstorbene in einem offenen Feuer verbrannt und ihre Asche dann über den Fluss gestreut. Auf der Rückfahrt durften wir unsere Teelichter anzünden, die uns zuvor ein kleiner Junge charmant hartnäckig verkauft hatet. Mit der Stimmung, die uns umgibt, fühlte sich der Moment, als wir unsere Teelichter samt unserer Wünsche den Ganges hinab schickten, schon irgendwie feierlich an.
Um kurz nach 10.00 Uhr waren wir bereit, unsere Reise fortzusetzen. Nächste Station: Patna. Um Zeit zu sparen, baten wir einen Rikschafahrer, uns den Weg raus aus der Stadt zu zeigen. Schnell stellten wir jedoch fest, dass die Straßen statt leerer immer enger und voller wurden. Uns blieb nichts weiter übrig, als um das Leben der Fußgänger, Fahrrad- und Motorradfahrer zu hupen. Es war laut, stressig und wir waren kurz vor dem Verzweifeln. Wohin wollte er uns nur führen? Endlich hielten wir. Was wir jedoch sahen, war eine Sehenswürdigkeit Varanasis, irgendwo mitten in der Stadt! Nach einer nochmaligen, eindringlichen Bitte, uns aus der Stadt zu führen, schafften wir dies schließlich dann tatsächlich viel, viel später.
Woran erkennt man eigentlich, dass man zu viel Rikscha fährt?
Unsere Erfahrung ist:
- Die Wahrnehmung verändert sich so, dass man morgens im Bett noch im halb wachen Zustand denkt, man schlafe gerade in der Rikscha, weil man den Wind des Ventilators für Fahrtwind hält und die weiße Wand für den bewölkten Himmel.
- Man beginnt kleinere Reparaturen an der Rikscha während der Fahrt durchzuführen Ab und zu lösen sich während der Fahrt schon mal Schrauben. Wenn der Rückspiegel plötzlich runterrutscht, heißt es: Schraubenschlüssel raus und den Spiegel wieder befestigen. Bei mindestens zwei Personen in der Rikscha geht das erstaunlich gut.
- Es gibt kaum noch etwas, dass einen beim Rikscha-Fahren aus der Ruhe bringt. Letztendlich auch die Straßen von Bihar nicht.
Wieder verließen wir einen der Bundesstaaten Indiens und kamen nun nach Bihar. Es wurde die anstrengendste Fahrt, die wir je hatten. Die Straße warf uns entgegen, was sie an Schlechtem zu bieten hatte - Schlaglöcher, eines nach dem anderen. Ein Ausweichen war nicht immer möglich und damit stieg das Risiko aufzusetzen oder eine Achse zu brechen. Weiterhin kamen uns immer wieder Fahrzeuge entgegen, die lieber auf unserer Spur fuhren, weil diese in dem Moment kein Loch aufwies. Auch die abfälligen Teilstücke machten Probleme, da die Rikscha aufgrund unseres Gewichts weniger beweglich ist. Zweimal kamen wir fast von der Fahrbahn ab. Neben uns ein 1-2 Meter tiefer Abhang. Wir kamen leider nur sehr langsam voran und aufgrund unserer späten Abfahrt aus Varanasi brach schon bald die Dunkelheit über uns herein. Die Straße wurde zum Glück wieder etwas besser. Doch nun kämpften wir mit der giftigen Luft, denn eine indische Variante der Müllvernichtung ist die Verbrennung des Abfalls - auch von jeglichen Plastikbehältern.
Völlig erschöpft kamen wir in Patna an - 1630 Kilometer waren damit bereits geschafft. Selbst die Kraft zum Abendessen reichte nicht ganz aus. Seit 5.00 Uhr waren wir auf den Beinen. Unsere Rikschas entpuppten sich mehr und mehr als wahre Geländewagen! Seit wir in Bihar waren, hatte die Strassenqualiät enorm nachgelassen. Die Straßen waren übersät mit tiefen Schlaglöchern. So erinnerten wir uns an die Weisheit der Adventurists: "Drei Dinge sind wichtig beim Rikscha fahren: die Hupe, die Bremse und viel Glück. Nie hatten wir die drei Dinge besser gebraucht als an diesem Tag.